Politischer Frühschoppen - August 2009
Bei unserem politischen Frühschoppen am Sonntag, 2. August, konnten wir als Referenten Herrn Ackermann vom Justizministerium gewinnen. Da er bis vor einem halben Jahr selbst als Betreuungsrichter gearbeitet hat, konnte er den mehr als 30 anwesenden Personen einen guten Einblick in die Thematik der Betreuung und der Patientenverfügung geben.
Er betonte hierbei, dass die Bestellung eines Betreuers heute längst nicht mehr einer Entmündigung gleichkommt, sondern dass in Absprache mit dem Betroffenen, unter Aufsicht von Ärzten und dem Gericht ein Helfer bestellt wird, der in gewissen Bereichen (z.B. zum Thema Gesundheitsfragen oder Finanzen) eine Entscheidungsvollmacht hat. Oftmals wird dies sogar vom Betroffenen selbst angefragt, und ohne dessen Zustimmung darf kein Betreuer gestellt werden, außer es handelt sich um einen Fall, in dem die Person selbst nicht mehr entscheiden kann, zum Beispiel bei Komapatienten. Sofern die Möglichkeit besteht, wird versucht, einen Betreuer aus der Familie oder dem engeren Bekanntenkreis zu finden.
Um Missbrauch zu vermeiden, muss der Betreuer laut Herrn Ackermann nicht nur für größere Einschnitte wie zum Beispiel den Verkauf eines Hauses, die Heimunterbringung oder eine schwere Operation die Erlaubnis des Gerichts einholen, sondern er ist auch verpflichtet, über Kosten und Ausgaben Rechenschaft abzulegen. Sollte es dennoch zu einem Missbrauch kommen, oder auch einfach aus persönlichen Gründen die Zusammenarbeit zwischen dem Betreuer und dem zu Betreuenden nicht funktionieren, kann der Betreuer auch ausgetauscht werden. Allerdings betonte Herr Ackermann, dass dies nur nach objektiven Kriterien passiert, und nicht, wenn der Wille einer Person anders ist als das, was zu ihrem Besten ist. So ist es zum Beispiel kein Grund, einen Betreuer zu wechseln, wenn dieser eine suchtkranke Person in eine Entzugsklinik einweisen lässt, obwohl diese es nicht wünscht.
Alle fünf Jahre wird zudem geprüft, ob die Betreuung noch notwendig ist.
In Bezug auf das Einsetzen mehrerer Betreuer erläuterte Herr Ackermann, dass es besser sei, diesen dann jeweils eigene Vollmachten für gewisse Bereiche zu geben, so dass sie unabhängig voneinander entscheiden können, oder einen zweiten als Ersatz für den ursprünglichen Betreuer zu bestimmen, zum Beispiel wenn einer der beiden der gleichaltrige Ehepartner und der zweite das Kind sind. Ansonsten kann es dazu kommen, dass Entscheidungen verzögert oder nicht getroffen werden, wenn Uneinigkeit besteht.
Gerade in Bezug auf Gesundheitsfragen ist aber das vorherige Bestimmen eines Betreuers wichtig, da Ärzte entgegen der allgemeinen Meinung auch nahen Verwandten eigentlich keine Auskunft erteilen dürfen. Daher ist es sinnvoll, in Form einer Vorsorgevollmacht bereits vorher zu regeln, wer in welchem Fall die Betreuung übernehmen soll. Dies erspart im Ernstfall das Eingreifen eines Gerichts.
Für diese Vollmacht sollten gewisse Bedingungen erfüllt werden, so Herr Ackermann: Die Person, die bevollmächtigt wird, sollte das uneingeschränkte Vertrauen des Bevollmächtigenden genießen. Die Existenz der Vollmacht sollte möglichst anderen bekannt sein, im günstigsten Fall sollte sie bei Gericht oder einem Notar hinterlegt werden.
Gleiches gilt auch für Patientenverfügungen. Damit diese eingehalten werden, sollte sie in mehreren Ausfertigungen leicht auffindbar sein, und im Geldbeutel sollte für den Fall einer Krankenhauseinlieferung eine Notiz hinterlegt sein, dass eine solche Verfügung existiert. Die Formulierung sollte klar und deutlich sein und sich darauf konzentrieren, welche Maßnahmen durchgeführt werden sollen und welche nicht, auf Erklärungen sollte verzichtet werden. Sie darf zudem nur nicht strafbare Handlungen beinhalten, also zum Beispiel keine aktive Sterbehilfe fordern. Alle paar Jahre sollte die Patientenverfügung erneuert werden, beziehungsweise mit einem Nachsatz, dass sie noch gilt, erneut unterschrieben werden.
In der anschließenden Diskussion konnte Herr Ackermann noch auf die Fragen der Anwesenden und besonders noch auf die konkreten Fälle eingehen, die an ihn herangetragen wurden.
Informationsmaterial zum Thema Betreuung, Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht kann beim Justizministerium kostenlos angefordert werden.
Wir danken Herrn Ackermann für den interessanten Vortrag und der Leitung des Caritas- Seniorenhauses Ormesheim für die Bereitstellung der Räumlichkeiten und die Bewirtung.